Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt massiv. Darin sind sich Experten einig. Dennoch herrscht noch Spielraum für Interpretationen, wie genau die Anforderungen an Arbeitnehmer von morgen aussehen werden. Wie verändern sich konkrete Berufsbilder zum Beispiel in der Elektro- und Elektronikindustrie im Zuge von Digitalisierung und neuen Produktionstechniken?
Menschliche Intelligenz unverzichtbar
„Die menschenleere Fabrik wird es nicht geben. Die Bedeutung des Menschen wird sogar zunehmen“, meint Roland Sommer, Geschäftsführer der Plattform Industrie 4.0 Österreich, eines Netzwerkpartners des FEEI. Im kreativen Bereich der Produktentstehung bleibt die menschliche Intelligenz ohnehin unverzichtbar. Verbesserungspotenziale durch Automatisierung sind nachweislich an einem bestimmten Punkt erschöpft, so Sommer.
Jobs verschwinden nicht
Die meisten Berufe „verschwinden“ daher nicht einfach, sondern das Tätigkeitsprofil ändert sich. Das zeigt unter anderem eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Rund 15 Prozent der Tätigkeiten könnten der Studie zufolge durch Digitalisierung und Automatisierung wegfallen.IAB-Wirtschaftswissenschaftler Enzo Weber sieht die Dramatik, die über Jobverlust oder Jobgewinn durch Industrie 4.0 initialisiert wird, gelassen: „Technologischer Fortschritt ist so alt wie die Menschheit, und zumindest bisher ist die Arbeit nicht ausgegangen. Natürlich tendiert jede Generation nur allzu leicht dazu, das vor ihr Liegende als qualitativen Sprung zu deuten, der alle bisherigen Gesetze und Reaktionsmuster obsolet macht.“
Folgen von Industrie 4.0 für Berufe
Das IAB rechnet damit, dass sich die Gesamtzahl der Arbeitsstellen bis 2030 nicht maßgeblich verändern werde – sehr wohl aber die Ströme auf dem Arbeitsmarkt. Eine aktuelle, umfangreiche Makrostudie für Deutschland – die im Wesentlichen auch auf Österreich umlegbar sei – analysiert die Folgen von Industrie 4.0 auf den Arbeitsmarkt.
„Entgegen den Befürchtungen eines massenweisen Arbeitsplatzabbaus sind die Nettoeffekte auf die Beschäftigung bis 2030 gering – das heißt, es gehen durch Digitalisierung etwa gleich viele Arbeitsplätze verloren, wie neue entstehen. Die dahinterliegenden Verschiebungen innerhalb von Berufsgruppen und Qualifikationsstufen fallen allerdings deutlich höher aus und erfordern eine aktive Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik“, so Weber.
Aus- und Weiterbildung
Eine zentrale Rolle kommt also Aus- und Weiterbildung zu, die mit Abstand die größte Hebelwirkung aufweist. Wie Arbeit in Industrie 4.0 genau aussehen wird, kann bis ins letzte Detail heute natürlich niemand sagen. „Aber es wird auf Kreativität, naturwissenschaftlich-technisches Verständnis und die Bereitschaft, multinational zu arbeiten, ankommen“, wie der Vorstand eines führenden Hightechunternehmens anmerkt. „Wobei multinational heißen kann, dass der Betroffene zwar in Österreich sitzt, aber per Videokonferenz, Fernwartung, Fernsteuerung an einem Tag mit Maschinen und Kollegen in China zu tun hat und an einem anderen mit Partnern in den USA.“