Unsere Lebens- und Wirtschaftsräume werden urbaner, globaler und flexibler. Damit ändert sich auch unsere Gesellschaft massiv, insbesondere unser Mobilitätsbedürfnis und -verhalten. Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) gewinnen daher im Verkehrswesen, im Personen- und im Güterverkehr an Bedeutung.
Für einzelne Verkehrsmodi bestehen bereits umfangreiche Verkehrstelematiklösungen. Intermodale Lösungen (also die Verbindung von Verkehrssystemen wie Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Luftverkehr) benötigen jedoch sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zukunftssichere Lösungen. Dabei besteht die Herausforderung darin, Standards, Schnittstellen, Datenqualitäten und organisatorische Zuständigkeiten auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zu definieren.
„Verkehr wird sicherer, effizienter, vernetzter und umweltfreundlicher.“
Ronald Chodász, FEEI-Experte für Verkehrsinfrastruktur
Um den Verkehr der Zukunft optimal gestalten zu können, müssen einerseits Mobilitätsdaten besser verfügbar gemacht, aber auch die Sicherheit der Daten gewährleistet werden. Chancen und Herausforderungen, die durch die zunehmende digitale Vernetzung von Verkehrssystemen entstehen, müssen erkannt, bewertet und umgesetzt werden. In einem vom FEEI unterstützten „Informationstechnischen Kolloquium“ im Mai 2015 zeigten namhafte österreichische und internationale Experten Lösungen auf, wie das Wechselspiel von limitierten Transportkapazitäten und steigenden Anforderungen an Mobilitätsservices funktionieren kann.
Mobilitätsdaten sinnvoll nutzen
IKT kann entscheidend dazu beitragen, den Verkehr auf Straßen und Schienen künftig sicherer, effizienter und umweltfreundlicher zu machen. Viele Mobilitätsdaten lassen sich sinnvoll nutzen. Sie bieten die Chance, intelligente Verkehrssysteme und neue Mobilitätskonzepte zu entwickeln. „Wir befinden uns in einem Umbruch! Damit Unternehmen der digitalen Wirtschaft frühzeitig aktiv und innovative Mobilitätskonzepte entwickelt werden können, müssen die physischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden“, fordert Ronald Chodász, im FEEI zuständig für Telekom- und Verkehrsinfrastruktur sowie Geschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie. „Verkehr kennt keine Grenzen, daher gelten die Handlungsempfehlungen, die das Deutsche Verkehrsforum und BITKOM formuliert haben, in gleichem Maße auch in Österreich bzw. Europa.“
Sichere und effiziente Mobilität
Verkehrsmittel werden auf Straße, Schiene, Wasserstraße und in der Luft durch Leit- und Sicherungstechnik so unterstützt, dass sie auf der richtigen Strecke, mit der optimalen energieeffizienten Geschwindigkeit und im optimalen Abstand zueinander unterwegs sind. Auch teil- bis vollautomatischer Betrieb wird dadurch möglich. Insbesondere im Bereich des Schienenverkehrs sind derartige Syteme, die auf Basis der Daten aus der Leit- und Sicherungstechnik betrieben werden, bereits im Einsatz. In Verkehrsleitzentralen werden Verkehrsdaten aus der Region zusammengeführt, analysiert und rechnergestützte Entscheidungen etwa über Routen, Umleitungen und Spurfreigaben getroffen. Aus verschiedenen Quellen wie Zählschleifen, Mobilfunkdaten, Mautsystemen oder von den Fahrzeugen selbst werden Statusmeldungen und Prognosesysteme gespeist.
Verkehrsteilnehmer werden durch Fahrerassistenzsysteme rechtzeitig vor Gefahren gewarnt, auf alternative Routen verwiesen und in entsprechenden Fahrsituationen durch vorausschauende Maßnahmen geschützt. Notrufsysteme wie e-Call informieren bei einem Unfall Rettungskräfte und Fahrzeuge warnen andere Fahrzeuge automatisch vor Gefahrenstellen.
Mobilität im Alltag
Zunehmend werden die verschiedenen Verkehrsmittel von den Kunden je nach Zweck und Ziel des konkreten Mobilitätsbedarfs bewusst ausgewählt und unterschiedlich eingesetzt bzw. kombiniert. Das Smartphone ist dabei der „Zündschlüssel der Zukunft“. Hier laufen multimodale Informationen zusammen, es wird navigiert, der Parkplatz gebucht und bezahlt, Car-Sharing reserviert, eine Fahrkarte gekauft, Platzreservierungen durchgeführt oder ein Fahrrad freigeschaltet.
Der Berufspendler erhält morgens eine Routen- und Verkehrsmittelempfehlung für seinen Weg zur Arbeit – basierend auf seinen Gewohnheiten, Echtzeit-Störungsmeldungen, Baustellen und Verspätungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und auf konkreten Verkehrsprognosen.
"Das Smartphone ist der Zündschlüssel der Zukunft."
Im Fernverkehr werden Auto, Bahn und Flugzeug vergleichend angeboten, sodass der Kunde – idealerweise auf einer Plattform – nach seinen Vorlieben eine Buchung vornehmen kann. Präferenzen hinsichtlich Reisezeit, Kosten oder Barrierefreiheit können berücksichtigt werden.
In ländlichen Regionen finden – ähnlich wie bei sozialen Netzwerken – Angebot und Nachfrage von Mobilität zueinander. Entsprechend bedarfsgerecht gesteuerte Mitfahrdienste und Anrufsammeltaxis ergänzen so den klassischen ÖPNV in der Fläche.
Vernetzte Logistik
Umweltauflagen, Energiekosten und die Dynamik bei der globalen Arbeitsteilung, demographische Trends sowie schnell wechselnde Kundenwünsche und Produktzyklen setzen Logistikdienstleister unter Druck. Sie übernehmen heute als Partner der Industrie Teile der Wertschöpfung und steuern über die Transporte und Lagerhaltung auch die Produktionskette. Diese Entwicklung ist im Zusammenhang mit den unter „Industrie 4.0“ laufenden Aktivitäten zu sehen.
Abholung und Lieferung werden so gesteuert, dass Park-, Lade-, Auslieferungs- und Umschlagsslots frei sind und Staus vermieden werden. Zoll und Sicherheitsbehörden informieren über notwendige Prüfungen der Ladung und dadurch bedingte Verzögerungen. Lastwagen, Züge, Flugzeuge und Schiffe melden regelmäßig ihre Position und erlauben damit eine Prognose für den weiteren Transport der Ladung. Container, Teilladungen oder sogar einzelne Produkte sind als Elemente identifizierbar und können somit nicht nur beim Transport, sondern auch im Produktionsprozess verfolgt und gesteuert werden. Die Überwachung von Position und Zustand der Ladung erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit sondern erfüllt auch Vorgaben aus Gefahrgutvorschriften oder der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung.
„Die in Österreich aktive Elektro- und Elektronikindustrie und die Mitgliedsunternehmen des Verbandes der Bahnindustrie sind mit ihren Produkten und Dienstleistungen in nahezu allen Bereichen des Verkehrs innovative Treiber der Entwicklung in Richtung Effizienzsteigerung und Digitalisierung des Verkehrs“, so Chodász. „Diese Entwicklung wird uns unter dem Begriff Mobilität 4.0 noch weiter beschäftigen.“
9 Punkte für Mobilität 4.0
Das Deutsche Verkehrsforum und BITKOM (Berlin) haben neun Bereiche für Handlungsempfehlungen definiert:
- Mobilitätsdaten verfügbar machen
- Datenschutz und Datensicherheit gewährleisten
- Bandbreite im Datennetz sicherstellen
- Standardisierung vorantreiben
- Übergreifende Bezahldienste und Ticketing ausbauen
- Akzeptanz beim Nutzer verbessern
- Umrüstung der Infrastruktur unterstützen
- Rechtsrahmen anpassen
- Digitale Grenzen überwinden