Electronic Based Systems: Was steckt dahinter?

EBS

Wir wollen zu Hause schnelles Internet, surfen am Smartphone mit dem Touchdisplay oder schalten die LED-Lampe im Wohnzimmer ein. Das sind ganz alltägliche Vorgänge für uns geworden. Dafür sind allerdings viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie Know-how in den sogenannten Electronic-based Systems notwendig.

Für die Entwicklung eines Internet-Gateways inklusive seiner Systemarchitektur bedarf es der Leistung von einer Million Personenstunden. Technologisch stecken in fast allen Innovationen des Alltags elektronikbasierte Systeme, sogenannte „Electronic-based Systems“ (EBS). Sie sind eine Schlüsseltechnologie und inkludieren Aspekte der Mikro- und Nanoelektronik, cyberphysische und eingebettete Systeme. Diese Technologien sind für eine Reihe von darauf aufbauenden digitalen Produkten und Diensten unverzichtbar und die Grundlage für Anwendungen in den Bereichen Internet of Things, Industrie 4.0, Ambient Assisted Living, Energieeffizienz und Informations- und Kommunikationstechnologien.

Studie Electronic Based Systems

Um das Potenzial der EBS in Österreich erstmals zu quantifizieren, wurde im Auftrag des BM für Verkehr, Innovation und Technologie von Joanneum Research eine Studie erstellt. Die Inhalte wurden maßgeblich von der Technologieplattform ECSEL-Austria und den Mitgliedern der Sparte Bauelemente erarbeitet. Die Ergebnisse können sich sehen lassen:

  • 93 F&E-Standorte
  • 188 Unternehmen mit EBS als Kernprozess
  • fünf technologieorientierte
  • fünf anwendungsorientierte Forschungsschwerpunkte am Standort Österreich.

Mit der Studie ist es gelungen, den Ist-Zustand quantitativ und qualitativ abzubilden und einen Ausblick für die Zukunft zu geben. Besonders wichtig war der qualitative Zugang in zahlreichen Interviews mit Experten, um die Technologiedurchdringung und die neuen Anwendungsbereiche besser abbilden zu können.

Blick hinter die Kulissen: von der Idee zum Produkt

Die EBS-Studie stellt erstmals das gesamte Portfolio von der Software bis zur Hardware in der Forschung und Produktion dar. Besonderes Augenmerk liegt auf der Zusammenarbeit von F&E-Einrichtungen und Unternehmen, die für beide Seiten gewinnbringend und ein Impulsgeber für Innovationen ist. Peter Caldera, Mitautor der Studie und Mitglied von ECSEL-Austria, unterstreicht dieses Ergebnis: „Aus Unternehmenssicht profitieren wir sehr von der Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, die meist durch bestimmte Förderprojekte angestoßen wird. Es ist für uns die Gelegenheit, bildlich gesprochen, über den Tellerrand zu blicken und Forschungsfragen aufzugreifen, wozu im Unternehmen die Ressourcen fehlen.“

Aus der Sicht der Forschungseinrichtungen wird dies bestätigt: „Der Austausch zu den Unternehmen und zur Industrie ist für unsere Forschungen essenziell. Hinter fast jedem Projekt stehen ein oder auch mehrere Partner aus der Industrie und der Wissenschaft. Unser Motto lautet „Science-2-Market“. Dabei geht es darum, Forschungsergebnisse vom Labor in die industrielle Praxis zu bringen“, sagt Werner Scherf, Vorstand des Forschungszentrums CTR.

Fragt man in den Unternehmen und F&E-Einrichtungen nach, die im EBS-Bereich forschen und entwickeln, bekommt man einen interessanten Einblick in die tägliche Arbeit.

EBS Forschung

Der Forschungsalltag besteht aus unterschiedlichsten Tätigkeiten, die sich entlang der Innovationskette ergeben. Beginnend mit einer Recherche und Ist-Analyse folgt die Machbarkeitsstudie, die zeigt, welche Technologien für bestimmte Aufgaben infrage kommen können. Im nächsten Schritt, in der Konzeptions- und Designphase, kommen verstärkt Simulationstools und Plausibilitätsprüfungen zum Einsatz. Neben dem Testen und Dokumentieren ist in dieser Phase der Austausch mit anderen Wissenschaftlern und Experten aus der Industrie für den Fortschritt wichtig.

Persönliche Treffen, E-Mails, Telefonkonferenzen, Social-Media-Tools, Testreihen beim Industriepartner vor Ort oder der gemeinsame Besuch von Konferenzen und Symposien sind hier wichtige Plattformen zum Informations- und Wissensaustausch. Am Ende der Innovationskette entsteht schließlich ein Prototyp, der in die jeweilige Anwendung integriert wird und industrietauglich ist. Der Zeitrahmen von der Idee bis zum Prototyp ist sehr stark von der Branche abhängig, es kann ein Sprint oder ein Marathon für die Entwicklungsabteilungen sein. Im Mobilfunkbereich stehen oft nur wenige Monate zur Verfügung. In den Bereichen Automotive-Zulieferindustrie, Materialentwicklung oder Nanotechnologie arbeiten die Forscher hingegen in Zeiträumen von fünf bis zehn Jahren bis zum fertigen Produkt. „Für die Entwicklung eines Internet-Gateways inklusive seiner Systemarchitektur kann man mit 500 Mannjahren innerhalb von zwei Jahren rechnen“, erklärt Peter Caldera.

Das interdisziplinäre Team als Erfolgsfaktor

Die Teams sind in den F&E-Einrichtungen wie auch in den Unternehmen interdisziplinär je nach Produkt aufgestellt. Bei einem Hersteller von elektronischen Bauelementen in der Weststeiermark kommen in der Produktentwicklung Physiker und Elektrotechniker zum Einsatz. In der Materialentwicklung wiederum dominieren Chemiker und Materialwissenschaftler.

Anton Köck, Key Researcher am Materials Center Leoben, zieht einen treffenden Vergleich zu einer Fußballmannschaft: „In der Forschung ist wie im Fußball ein starkes Team gefragt, das sich gegenseitig stützt – jeder hat seine Position am Spielfeld. Am Ende gewinnt das Forschungsteam.“ Für die langjährigen Forschungen sind natürlich die fachlichen Qualifizierungen entscheidend, aber die geografische Nähe sowie der persönliche Kontakt und informelle Faktoren wie Kultur, Wertvorstellungen und Sprachunterschiede sind nicht zu unterschätzen. Regelmäßige Besprechungen sind von zentraler Bedeutung für den Projekterfolg. „Dies kann über Telefonoder Videokonferenzen stattfinden, aber am besten redet es sich noch immer von Angesicht zu Angesicht“, sind sich alle einig.

 

Electronic Based Systems (EBS)

sind Komponenten, Baugruppen und Geräte mit Mikro- und Nanoelektronik sowie die dazugehörige eingebettete Software, verbunden mit dem tiefen Wissen um integrierte Systeme, die das Fundament für digitale Produkte und Dienste schaffen. Ohne ihre Funktionen sind Anwendungen wie automatisiertes Fahren, Internet of Things, intelligente Infrastrukturen oder auch Industrie 4.0 nicht möglich.

Wirtschaftsfaktor EBS

Als grundlegende Schlüsseltechnologie tragen EBS maßgeblich zum Wachstum und zur Beschäftigung in der Europäischen Union bei. Mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts hängen von den Elektronikprodukten und Dienstleistungen ab, mehr als neun Millionen Arbeitsplätze werden von den Dienstleistungen rund um diesen Industriezweig geschaffen und mehr als eine Million Beschäftigte sind direkt der Mikroelektronikindustrie zuzuordnen. Ohne EBS sind ein modernes Leben und ein pulsierendes Wirtschaftssystem nicht umsetzbar – fast überall findet man ihre Anwendungen.

Downloads

EBS_Studie_2016.pdf (PDF, 1.57 MB)