Der digitale Wandel und die zunehmende Automatisierung von Prozessen in der Industrie führen zu einem fast ständigen Wandel der Arbeitsprozesse. Wie geht man mit diesen veränderten Anforderungen an zukünftige Mitarbeiter an der FH um?
Ich sehe Veränderung immer als Chance. Die Automatisierung von Arbeitsprozessen ermöglicht uns, Routinetätigkeiten an Maschinen auszulagern, die im Übrigen weniger fehleranfällig sind als Menschen und in einer gleichbleibenden Qualität arbeiten. Dafür haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeit, neue Ideen zu entwickeln und zu realisieren oder auch neue Aufgabenfelder zu übernehmen.
Welche Veränderungen gab und gibt es in der Lehre, um die Studierenden darauf vorzubereiten? Inwiefern ist Digitalisierung hier ein Thema und welche Infrastruktur wird geboten?
Kumulierter Wissensaufbau ist angesichts der sehr kurzen Halbwertszeit des Wissens Schnee von gestern. Ziel ist, die Studierenden auf eine sich schnell ändernde Welt vorzubereiten, und das gilt auch im Bereich des Lernens. Die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Antworten zu finden wird in Zukunft den Erfolg ausmachen. Der klassische Theorieunterricht rückt vermehrt ins Netz. Dort erwartet sich die YouTube-Generation bestens aufbereitete Inhalte. An der FH Technikum Wien umfasst das E-Learning etwa das Erstellen von Wikis und Gruppenarbeiten, die über Foren und Chats organisiert werden, aber auch Simulationen am Computer, um Laborergebnisse nachzustellen. Auch beim Einsatz kurzer Videos oder Podcasts werden Inhalte per E-Learning vermittelt.
Inwiefern ist ein verändertes Lernverhalten von Studierenden zu beobachten, die in einer digitalisierten Welt aufgewachsen sind? Was bedeutet das für die Lehre?
Für die „Digital Natives“ ist der Umgang mit neuen Medien ein völlig selbstverständlicher. Die Vielfalt an Lehr- und Lernunterlagen im Netz bedeutet, dass mit ziemlicher Sicherheit für jeden Lerntyp etwas dabei ist. Künftig wird die Aneignung der Theorie im Selbststudium erfolgen und „Hands-on-Aktivitäten“, Übungen, Fallbeispiele und persönlicher Austausch in Präsenzzeiten an der Hochschule. Wichtig ist hier zu betonen, dass die Digitalisierung allein kein Selbstzweck sein kann und nur eine Ergänzung zur klassischen Lehre und zur Präsenz
vor Ort. Die Qualität beim E-Learning steht und fällt mit dem Engagement der Lehrkraft. Es ist nicht damit getan, Unmengen an Stoff online zur Verfügung zu stellen.
Wie werden die Lehrenden an der FH Technikum dabei unterstützt, ihre Lehrinhalte bestmöglich digital aufzubereiten?
Vorweg ist anzumerken, dass ein zentrales Element für die Qualität der Lehre, egal ob online oder offline, die Vorbereitungszeit der Lehrenden ist. In puncto E-Learning ist eine ausgeprägte Feedback-Kultur besonders wichtig, um individuelle Lernfortschritte zu erfassen und die Lehrmethoden darauf abzustimmen. Der Vortragende wird hier auch zum Lerncoach. Wir als FH Technikum Wien sind uns dieser Veränderungen bewusst und erarbeiten daher im Rahmen des Forschungsprojekts „Servicecenter Lehre“ in den kommenden drei Jahren ein hochwertiges Serviceangebot für die Sicherung und Steigerung der Qualität der Lehre. Das Ziel ist, die Lehrenden mit Beratungs- und Weiterbildungsangeboten zu unterstützen sowie die Informations- und Kommunikationspolitik und den Wissenstransfer im Bereich Hochschuldidaktik und E-Learning zu fördern.
„Vernetztes Denken und die Bereitschaft, Neues zu lernen, sind im Wandel wichtige Begleiter.“
Wieder zurück zu den Studierenden – welche neuen Fähigkeiten und Kompetenzen werden angesichts des vermehrten Einsatzes von Robotik, der signifikant steigenden Komplexität und des dynamischen Wandels von Industrie-4.0-Systemen benötigt?
Zum einen ist ein fundiertes Wissen notwendig, um die grundlegenden Mechanismen zu verstehen, zum anderen ist ein ständiger Wissens-durst essenziell, um mit den neuen Entwicklungen Schritt halten zu können. Vernetztes Denken und die Bereitschaft, Neues zu lernen, sind im Wandel wichtige Begleiter. Um den Anforderungen der neuen Arbeitswelt gerecht zu werden, werden unsere Absolventinnen und Absolventen auch immer wieder gefordert sein, disziplinübergreifend zu denken.
Welche Rolle spielt die enge Zusammenarbeit mit Industrie und Wirtschaft in diesem Zusammenhang?
Einerseits statten Unternehmen unsere Laboratorien mit den neuesten Geräten aus, die wir uns nie leisten könnten, andererseits liefern sie wichtige Impulse und Aufgabenstellungen, die die Studierenden vor Herausforderungen stellen. Dieses Zusammenspiel ist enorm wichtig, denn nur so kann man neue Lösungen entwickeln oder Ideen umsetzen. Das Zusammenspiel von Unternehmen und Hochschule ist ein wichtiger Prozess, in dem sich beide Seiten gegenseitig befruchten und der letztendlich die Innovationskraft dieses Landes stärkt.