Sachverhalt: Zwei Arbeiter nahmen in 12 m Höhe ohne Absturzsicherung eine Palette mit Material von einem Kran entgegen. Ein Arbeitsinspektor beobachtete dies und stellte einen Strafantrag. Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg verhängte über den handelsrechtlichen Geschäftsführer jener Firma, bei der die zwei Arbeiter angestellt waren, eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.000.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG 3.11.2014, 30.13-4465/2014) hob den Strafbescheid auf, weil
- der handelsrechtliche Geschäftsführer alle organisatorischen Vorkehrungen getroffen hatte, damit im Arbeitsablauf Derartiges nicht vorkommt, und
- die zwei Arbeiter unvorhersehbar ohne Arbeitsauftrag die Palette entgegengenommen hatten, sodass gegen dieses eigenmächtige Handeln keine weiteren organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden hätten können.
Das LVwG hat richtig entschieden, dass der Geschäftsführer nur für Organisationsverschulden haftet und mangels eines solchem im vorliegenden Fall nicht zu bestrafen war.
Aber auch bei Verstößen z.B. gegen das Arbeitszeit- oder Arbeitsruhegesetzes sowie in Lohndumping-Fällen haftet die Geschäftsführung nur dann, wenn ihr ein Organisationsverschulden vorzuwerfen ist. Konkret bedeutet das beispielsweise bei Lohndumping:
Wenn die Geschäftsführung
- immer wieder betont, dass die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften eingehalten werden sollen,
- dafür sorgt, dass HR-Abteilung und Lohnverrechnung sowohl von der Personenzahl als auch von deren Qualifikation her der Unternehmensgröße entsprechend ausreichend ausgestattet sind,
- die Teilnahme an nötigen Fortbildungsveranstaltungen bzw. die Anschaffung der erforderlichen Literatur und technischen Ausstattung genehmigt,
- in schwierigen Fällen die Beiziehung eines Rechtsanwaltes, Steuerberaters etc. genehmigt bzw. anregt mit Wirtschaftskammer, Krankenkasse bzw. Finanzamt Kontakt aufzunehmen,
- für die Einrichtung von Kontrollsystemen, die Anwendung von Checklisten, Durchführung von Unterweisungen nach interner Feststellung von Problemfällen etc. sorgt und
- sich regelmäßig danach erkundigt, ob sich Problem-/Streitfälle abzeichnen und was jeweils zur rechtskonformen Bereinigung unternommen wird,
tut sie alles, um insbesondere Lohndumping zu vermeiden. Falls dann dennoch einmal z.B. eine Überstunden-Deckungsprüfung einen Fehlbetrag ergibt, trifft die Geschäftsführung kein Verschulden und somit (jedenfalls bei Nachzahlung des Fehlbetrages) keine Haftung nach AVRAG.