Es werden mehr Fachkräfte als je zuvor in den Zukunftsfeldern der Elektro- und Elektronikindustrie gesucht. Treiber ist der Megatrend Digitalisierung in der Industrie, der den Bedarf nach Experten in Informatik, Elektronik, Mechatronik und vielem mehr flächendeckend in ganz Europa in die Höhe schraubt.
IT ist neben Maschinenbau und Elektronik sowie deren Schnittmengen das wichtigste Berufsfeld der Zukunft. Die Mangelberufsliste des AMS listet – neben Gesundheits- und Pflegeberufen – ausschließlich Berufe im Maschinenbau, in metallverarbeitenden Bereichen, Technik und Datenverarbeitung auf.
Kompetenzen statt Profile
Experten gehen davon aus, dass zukünftig weniger Berufs als vielmehr Kompetenzprofile gefragt sind. „Klassische Profile werden nach und nach durch Fähigkeitsbündel ersetzt. Das richtige Matching nach Kompetenzen wird also erfolgsrelevant sein“, so AMS-Chef Johannes Kopf. Gefragt werden Experten in neuen Berufen sein, die fachlich höhere Anforderungen erfüllen können. Explizit geht es um naturwissenschaftlich- technische und Computerkompetenzen.
Berufe der Zukunft
Die von der Boston Consulting Group herausgegebene Untersuchung „Man and Machine in Industry 4.0“ beschreibt, wie sich Berufe in der Produktion durch IoT verändern werden. Es werden neue industrielle Produktangebote, Technologien, Verfahren und Geschäftsmodelle entstehen, wie Machine- as-a-Service oder 3D-Druck. Als die spannendsten definiert die Studie folgende fünf Berufe:
- Der „industrielle Datenanalyst“, der auch für die „Harvard Business Review“ der „attraktivste Beruf des 21. Jahrhunderts“ ist, extrahiert Daten und macht daraus Informationen, die Produkte und Produktionsverfahren verbessern sollen. Er muss sowohl Fertigungsprozesse als auch IT-Systeme verstehen.
- Der „Roboterkoordinator“ überwacht die in den Fabriken eingesetzte Automation und Robotik.
- Um die steigende Anzahl an vernetzten und kommunizierenden Maschinen und Produkten zu verwalten, bedarf es eines „IoT Architects“, der die Verantwortung für das gesamte Systemdesign trägt.
- Umgesetzt werden die IT-Lösungen von einem „industriellen Entwickler“, der die hardwarenahe Programmierung von Robotern und auch Cloud-Technologien beherrscht.
- An Bedeutung gewinnen werden aufgrund verstärkter Mensch-zu-Maschine-Kooperation und des Einsatzes von Augmented-Reality-Applikationen auch „User-Experience-Entwickler“.
„Ihr macht zu wenig“
Gut gerüstet ist das derzeitige Bildungssystem in Österreich für die technisch-digitalisierte Welt allerdings nicht. Es bedürfe weitgreifender Reformen, sieht FEEI-Geschäftsführer Lothar Roitner die Bildungspolitik in der Pflicht: „Wir müssen das Bildungshaus Österreich völlig neu bauen. In wenigen Jahren brauchen wir eine Heerschar an naturwissenschaftlich interessierten und kreativen Menschen, die das jetzige Schulsystem nicht hervorbringt, weil es die falschen Schwerpunkte setzt.
Burton Lee, Professor an der Stanford University, nahm das österreichische Universitätssystem in Hinblick auf seine Fähigkeit, Fachkräfte der Zukunft auszubilden, unter die Lupe. Sein Resümee: „Ihr müsst die Studentenzahl in Software Engineering verzwei- und verdreifachen und rasch – in zwei bis drei Jahren – deutlich mehr Lehrgangsplätze anbieten.“ Außerdem sollten diese Angebote nicht nur Informatikstudenten zur Verfügung stehen, sondern für alle – von Kunst- bis Wirtschaftsstudenten – geöffnet werden, fordert der Innovationsexperte. Lee bringt es in seiner Analyse wenig diplomatisch auf den Punkt: „Ihr macht zu wenig. Obwohl es genug Talente und brillante Studenten in Österreich gibt.“