Öffentliche Vergabe:
Öffentliche Vergaben sind Aufträge, die Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und bestimmte Einrichtungen öffentlichen Rechts (z.B. die Landeskliniken, die Wirtschaftskammer) an die Privatwirtschaft vergeben. Diese sind dabei zur Einhaltung eines streng formalen Vergaberechts im Sinne eines fairen Wettbewerbs verpflichtet. Eine Summe von bis zu 100.000 Euro kann direkt vergeben werden, in der Baubranche bis zu einer Million Euro. Die Grenzen für Ober- und Unterschwellenvergaben sind im Bundesvergabegesetz (BVerG) genau geregelt. In Österreich beläuft sich das öffentliche Ausschreibungsvolumen auf 35,2 Mrd. Euro, was zirka 11 Prozent des BIP entspricht. Von rund 18.600 Ausschreibungen seit 2009 wurden nur 54 Prozent mittels Bestbieterprinzips, d.h. Ausschreibungen mit mindestens einem preisfremden Kriterium, vergeben.
Billigstbieterprinzip:
Beim Billigstbieterprinzip erfolgt der Zuschlag auf Basis des geringsten Preises unter Berücksichtigung von minimalen, technisch akzeptierbaren Anforderungen und Eignungskriterien. Daher ist das Bestbieterprinzip insbesondere bei der Beschaffung komplexer Produkte, die besondere Qualitätseigenschaften im weiteren Sinn besitzen (sollen), dem Billigstbieterprinzip überlegen.
Bestbieterprinzip:
Das Bestbieterprinzip zielt in erster Linie auf eine umfassendere Bewertung von Qualitäts- und anderen Zuschlagskriterien von Gütern, Arbeiten und Dienstleistungen ab, als dies durch das Billigstbieterprinzip vorgesehen ist. Das Bestbieterprinzip wird auch als Konzept des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ bezeichnet, weil jenes Angebot den Zuschlag erhalten soll, welches der einzelne öffentliche Auftraggeber für die wirtschaftlich beste Lösung hält. Mit der letzten Novellierung des Vergaberechts (BVergG-Novelle 2015) wurde in Österreich das Bestbieterprinzip bei öffentlichen Vergabeverfahren gestärkt. In der politischen Diskussion wurde diese Einführung des Bestbieterprinzips insbesondere mit der Einschränkung von Lohn- und Preisdumping argumentiert.
Nicht-Preis-Kriterium:
Da das öffentliche Beschaffungswesen sehr heterogene Güter und Leistungen nachfragt, findet in der Praxis eine Vielzahl äußerst unterschiedlicher Vergabekriterien Anwendung. In Österreich wurden bei öffentlichen Ausschreibungen über 2.100 unterschiedliche Kriterien verwendet, um die Qualität der Angebote zu bemessen. Für die Studie des WIFO erfolgte die Zuteilung in Preis- und Nicht-Preis-(oder preisfremde)Kriterien. Unter die zweite Kategorie fallen zum Beispiel Qualität (Funktionalität, Design etc.), Lieferung, Service, Garantie oder Nachhaltigkeit.
Feigenblattkriterium:
Im Vergabewesen versteht man unter Feigenblattkriterien scheinbare Bestbieterkriterien, die de facto keinen Einfluss auf das Ergebnis haben. Wenn neben Preis zwar Nicht-Preis-Kriterien wie Garantie oder Qualität festgelegt werden, diese aber in der Gewichtung mit wenigen Prozent vorgesehen sind, spricht man von Feigenblattkriterien.